Die Lohner Sissy war für die kleine Geldbörse konstruiert worden und sollte den Einstieg in die Motorisierung ermöglichen. Dabei hatten Mopeds den Vorteil, dass sie damals ab 16 Jahren führerscheinfrei waren. Trotz der bereits am Markt verfügbaren Konkurrenzprodukte (HMW, KTM), entschied sich Lohner ein Moped zu bauen, dass dem Zeitgeist der 50er entsprach. Das Lohner-Modell sollte allerdings im Gegensatz zur Konkurrenz ein Zweisitzer sein. Als Namenspatron fungierte die Kaiserin Sisi, vermutlich nicht wegen Monarchieverbundenheit, sondern der Popularität von Romy Schneider als „Sissy“. Es sollten vier verschiedene Mopedmodelle entstehen, die zeithistorisch als Sissy I, II, III und S bezeichnet werden. Ausgestattet waren alle Sissy-Modelle mit einem Sachs Rotax 50ccm Motor.

Sissy I

SissyI Bughaube

Die Sissy I entsprach absolut dem Zeitgeist der wilden 50er und war mit mehr als 35.000 Stück innerhalb von drei Jahren ein absoluter Verkaufsschlager. Die Sissy war im Baukastenprinzip konzipert worden und konnte dadurch reichlich mit Extrazubehör ausgestattet werden. Weiters war eine Auswahl von 4 Grundfarbtönen vorhanden, wobei man die Mopedteile in den verschiedenen Farben frei wählen durfte

Die Grundausstattung war ein richtiges „Nackerpatzl“ ohne Schürze, Gepäckträger, Gepäcktank und einsitzig. Neben den aufgezählten Teilen konnte man die Sissy unter Aufpreis weiters mit einer Polyester Bughaube ausstatten, die etwas an die Form des L125 erinnert. In der vollen Form war dadurch viel Stauraum (Gepäckträger, Gepäcktank, Bughaube und Zwischenraum hinter der Schürze) gegeben und das Moped noch dazu zweisitzig.

Moped-Einradanhänger

Platzhalter-Bild

Für weitere Transportmöglichkeiten wurde ein Mopedanhänger geschaffen. Dafür griff man einfach in das Sissy Ersatzteilregal, sodass Kotflügel, Schwinge und Stoßdämpfer auf dem Anhänger wieder zu finden sind. Der Mopedanhänger war dadurch gefedert und passte vom Design opitmal zur Sissy. Über die Stückzahl gibt es leider keine Aufzeichnungen mehr, aber ein Handvoll dürfte bis heute überlebt haben.

Sissy II

Sissyll

Trotz des Erfolges der Sissy I entschloss man sich zu einem Redesign und einer komplizierten Bauform: selbsttragender Blechstahlrahmen mit integrierter Bughaube (aus Blech) und ein neuer Antriebssatz, wobei der Motor gleich blieb. Die Lohner Sissy II blieb hinter den Erwartungen zurück, sodass nur 3.225 Stück abgesetzt wurden. Das Modell 1960 wurde bereits im nächsten Jahr vom Modell 1961 (Sissy III) abgelöst.

Sissy III

Sissylll

Die Lohner Sissy III war die formschönste Sissy. Aufgrund des Designs kam es allerdings zu technischen Unannehmlichkeiten. Die Sissy III entsprach einer Weiterentwicklung der Sissy II. Der Bauch verschwand und stattdessen wurde eine Schürze und eine Lichtmaske mit drei Scheinwerfern verbaut. Im Standard-Modell waren die beiden seitlichen Scheinwerfer für das Abblendlicht und der grosse für das Fernlicht. In der Luxusausstattung fungierten die beiden kleinen Scheinwerfer als Blinker und das Abblend-/Fernlicht wurde im großen Scheinwerfer kombiniert.

Ein Mechaniker aus meiner Heimatgemeinde, der mit den Sissy-Modellen gehandelt und diese auch repariert hat, berichtet von technischen Problemen, die es mit diesem Mopedroller gab. Durch den kompletten Verbau des Motors wurde dieser im Sommer schnell zu heiß. Zudem ging der Auspuff leicht verloren. Ein weiteres Problem sei gewesen, dass für Reparaturen des Motors sämtliche Bowdenzüge abgehängt und der Triebsatz ausgebaut werden mussten.

Das schöne Design überzeugte trotzdem und so wurden 9.452 Stück abgesetzt.

Sissy S

SissyS

Lohner scheint sich das Feedback von Mechanikern und Kunden zu Herzen genommen zu haben. Das selbsstragende Chassis wich bei der Sissy S einem Zentralrohrrahmen, sodass der Motor besser zugänglich war und besser gekühlt wurde. Das Aussehen entsprach weiter der Sissy III.

Mitte der 60er-Jahre war es mit der starken Moped-Nachfrage allerdings vorbei. Die Ära der Mopedroller endete. Mit der sportlichen Sissy (das „S“ stand für „Sport“) war nach 1.006 Stück schluss.